
Widerstrebende Gefühle
Werdende Mütter zweifeln nicht selten daran, ob sie eine gute Mutter sein werden und ob sie alle Veränderungen, die unweigerlich mit der Geburt eines Kindes verbunden sind, angemessen meistern werden. Solche Unsicherheiten, Zweifel und Ängste kommen nicht nur bei ungeplanten sondern auch bei gezielt angestrebten Schwangerschaften vor. Diese widerstrebenden Gefühle sind normal und Ausdruck der Vorbereitung auf die neue Mutterrolle.
Psychische Veränderungen
Für viele Frauen gilt die Schwangerschaft in den ersten drei Monaten noch als unsicher, weshalb sie häufig auch erst nach Ablauf dieser Frist die Schwangerschaft öffentlich machen. Gerade bei lang ersehnten Schwangerschaften oder zuvor erlebten Fehlgeburten erleben Schwangere in dieser Zeit deutlich die Angst vor einem Verlust der Schwangerschaft. In der fortgeschrittenen Schwangerschaft, wenn die Entbindung näher rückt, können Geburtsängste auftauchen, besonders bei Frauen, mit schlechten Vorerfahrungen oder manifesten Entbindungstraumata. Auch die häufig ausgeprägten körperlichen Veränderungen in der fortschreitenden Schwangerschaft können als psychisch belastend erlebt werden. Bei Frauen mit Traumatisierungen in der Vorgeschichte unabhängig von Schwangerschaft und Geburt, wie etwas sexueller Missbrauch in Kindheit und Jugend, können in der Schwangerschaft verstärkte psychische Belastung und Geburtsängste auftreten ebenso wie bei grundsätzlich eher ängstlichen Frauen.
Körperlich bedingte psychische Veränderungen
Neben den bisher genannten psychisch Befindlichkeitsstörungen können in der Schwangerschaft auch psychische Belastungen als Reaktion auf körperliche Beschwerden auftreten, wie etwa in Form einer depressiven Reaktion bei ausgeprägtem Schwangerschaftserbrechen, bei vorzeitigen Wehen oder sonstigen Schwangerschaftskomplikationen mit daraus resultierender langer Bettruhe. Auch die ausgeprägten hormonellen Veränderungen in einer Schwangerschaft können zu Stimmungslabilität und erhöhten Ängsten beitragen, da Hormone und das Neurotransmittersystem im Gehirn zusammenhängen, was aber nicht alle Frauen gleichermaßen spüren.
Sind diese psychischen Veränderungen ein Problem?
Zeitweilige Niedergeschlagenheit, Gereiztheit, emotionale Labilität und Ängste in der Schwangerschaft sind in der Regel als normal einzuschätzen und weder für die Schwangerschaft noch für das Ungeborene ein Problem. Es gibt Frauen mit einer erhöhten Verletzlichkeit für psychische Störungen, die durch die psychischen und / oder körperlichen Veränderungen in der Schwangerschaft auch mit dem Beginn einer psychischen Erkrankung reagieren. Meist findet sich in der Vorgeschichte dann schon eine gewisse Tendenz zu entsprechenden Symptomen, z.B. ein ausgeprägtes prämenstruelles Syndrom oder wiederkehrende Stimmungsschwankungen sowie Angst- und Zwangssymptome, ohne dass sich bisher die Notwendigkeit für eine Behandlung ergeben haben muss. Auch in der Schwangerschaft auftretende depressive Symptome oder Angst- und Zwangssymptome sind nicht immer zwangsläufig behandlungsbedürftig. Andererseits haben Schwangere mit solchen hormonell bedingten psychischen Symptomen ein erhöhtes Risiko für eine sogenannte Wochenbettdepression, weshalb eine diagnostische Abklärung zur Einschätzung des Risikos einer postnatalen Depression sowie der Behandlungsbedürftigkeit zu empfehlen ist.
Was hilft?
Immer wieder wird gesagt: „Schwangerschaft ist keine Krankheit!“. Das stimmt. Nichtsdestotrotz erfordert eine Schwangerschaft durch die damit zwangsläufig einhergehenden körperlichen und psychischen Veränderungen eine nicht zu unterschätzende Anpassungsleistung von der Schwangeren. Die Akzeptanz psychischer Befindlichkeitsstörungen verbunden mit erhöhter Selbstfürsorge sowie ein liebevoll fürsorgendes Umfeld helfen, diesen Anpassungsprozess zu bewältigen. Bei ausgeprägten psychischen Veränderungen oder Unsicherheiten, ob die erlebten psychischen Veränderungen noch als normal einzuschätzen sind, kann auch ein unterstützendes, beratendes Gespräch in einer Schwangerschaftsberatungsstelle oder in der Gynäkologischen Psychosomatik helfen.
Kontaktadressen
Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZGA): www.familienplanung.de/schwangerschaft
©Material zum Buch „Psychosomatik in der Gynäkologie“, Rohde / Hocke / Dorn, Schattauer Verlag, 2017
Informationsseite des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin
Infos zum Themenbereich können Sie über das Portal www.embryotox einsehen.
Literatur
Text und Infoblatt: ©Material zum Buch „Psychosomatik in der Gynäkologie“, Rohde / Hocke / Dorn, Schattauer Verlag, 2017
Rohde, Anke & Dorn, Almut Krisen in der Schwangerschaft. Ein Wegweiser für schwangere Frauen und alle, die sie begleiten. Stuttgart: Kohlhammer 2021
Rohde, Anke & Dorn, Almut Rund um die Geburt: Depressionen, Ängste und mehr. Hilfe und Selbsthilfe bei peripartalen psychischen Problemen. Stuttgart: Kohlhammer 2023.
Kontaktadressen
- Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung (BZGA): www.familienplanung.de/schwangerschaft
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