Störungen der Sexualität
Man spricht auch von sexueller Dysfunktion oder sexuellen Funktionsstörungen, wenn die Betroffene ihr individuelles Sexualleben nicht erfüllend gestalten kann und dadurch ein Leidensdruck entsteht. Die Störung bezieht sich auf die körperliche sexuelle Reaktion und nicht auf normabweichendes Sexualverhalten. Unterschieden wird zwischen »primären Störungen« (es war noch nie anders) und »sekundären Störungen« (die Sexualität konnte schon erfüllen gelebt werden, Störungen haben sich erst entwickelt).
Häufige Sexualstörungen bei Frauen sind:
- Mangel oder Verlust von sexuellem Verlangen
- Sexuelle Aversion und mangelnde sexuelle Befriedigung
- Versagen genitaler Reaktionen (bei Frauen z. B. Trockenheit der Scheide)
- Orgasmusstörung
- Nichtorganischer Vaginismus (Verkrampfung der Muskulatur im Scheidenbereich, sodass das Eindringen
des Penis beim Geschlechtsverkehr sehr schmerzhaft bzw. nicht möglich ist) - Nichtorganische Dyspareunie (Schmerzen beim Geschlechtsverkehr ohne körperliche Störung)
Es ist bekannt, dass Sexualität leicht störbar ist. Zu den individuellen körperlichen wie psychischen Faktoren kommen partnerschaftliche und interaktionelle (wie geht man mit sich gegenseitig um) Aspekte, sodass sich das Thema Sexualität immer sehr komplex darstellt und man bei Störungen von einem multifaktoriellen Geschehen ausgehen kann.
Hormonelle Umstellungen
Nach einer Entbindung erleben viele Frauen zunächst den Rückgang ihrer Libido. Auch hier können mehrere Faktoren die Sexualität beeinflussen. Kam es zu Geburtsverletzungen (Dammriss o. Ä.) braucht es zunächst Heilungsprozesse, um sich wieder auf Geschlechtsverkehr mit dem Partner einzulassen. Durch das Stillen und das Wochenbett können aber auch die Hormone für z. B. Scheidentrockenheit und verminderte Lust verantwortlich sein. Zudem erleben sich vor allem Frauen nach der ersten Entbindung in einer komplett neuen Rolle als Mutter, mit sehr viel Fürsorge ausgerichtet auf ihr Baby, wobei durchaus der Partner etwas ins Hintertreffen geraten kann.
Wenn Frauen in die Wechseljahre kommen, können Veränderungen des sexuellen Erlebens auftreten. Einerseits kann es ein betrübliches Gefühl sein, nicht mehr schwanger werden zu können. Andererseits kann es aber auch befreiend sein, sich keine Gedanken mehr über Schwangerschaftsverhütung machen zu müssen. Nicht selten findet sich eine Abnahme der sexuellen Aktivität, bedingt durch einen Verlust des sexuellen Verlangens. Auch die Veränderungen im Sexualleben des Partners wie z. B. Erektionsstörungen können eine Belastung und Verunsicherung darstellen.
Erkrankungen und Medikamente
Zu vorübergehenden oder andauernden Störungen der sexuellen Erlebnisfähigkeit kann es bei Erkrankungen kommen, die den Unterleib betreffen. Aber auch nach anderen operativen Eingriffen (z. B. bei Brustkrebs) kann das Selbstbewusstsein einer Frau beeinträchtigt werden, was sich auf ihr weibliches Erleben und die Sexualität auswirken kann.
Einflüsse von Medikamenten auf die Sexualität werden ebenfalls beobachtet – bei Männern wie bei Frauen – und können das Sexualerleben beeinflussen. So mindert z. B. die Einnahme von Antidepressiva (SSRI) das Lustempfinden und die Orgasmusfähigkeit. Wenn Frauen nach einer Brustkrebserkrankung über mehrere Jahre antihormonell wirkende Medikamente einnehmen, können diese Medikamente ebenfalls Einfluss auf Libido und Sexualerleben haben.
Eine weitere Belastung im Bereich der Sexualität kann das weitgehend unbekannte Krankheitsbild »persistierende genitale Erregung bei Frauen« darstellen. Es besteht eine dauerhafte ungewollte sexuelle Erregung ohne sexuelles Verlangen. Die psychische Belastung bleibt oft unerkannt, da Frauen sich nicht trauen, darüber zu sprechen.
Transsexualität/Transgender/Geschlechtsinkongruenz
Auch das Thema »Transsexualität«, oftmals ein Thema bereits in jüngeren Jahren, ist immer noch tabuisiert. Frauen und auch Männer haben hierbei das Gefühl, im falschen Körper, im falschen Geschlecht gefangen zu sein, und finden oftmals keinen Raum, um über diese Belastung zu sprechen.
Was hilft?
Bei allen Belastungen im Sexualerleben kann es eine große Entlastung sein, offen über die Unsicherheiten und Probleme sprechen zu können. Oftmals stellt bereits das offene Gespräch mit den behandelnden Gynäkolog(inn)en eine Entlastung und Hilfestellung dar. Hier können Wege aufgezeigt werden, die wieder zu einer größeren Erfüllung im sexuellen Erleben führen können. Gemeinsam kann dann auch überlegt werden, ob eine weitere Unterstützung im Rahmen einer Sexual- oder Paartherapie hilfreich sein kann. Erste Anlaufstelle können Familienberatungsstellen sein wie Profamilia, Diakonie, Familienplanungszentren, Sozialdienst Katholischer Frauen etc., die in der Regel Sexualberatung und Paargespräche anbieten. Auf der Homepage der Fachgesellschaften finden sich Listen mit ausgewiesenen Sexualtherapeut(inn)en (s. u.).
Literatur
Barbach L. For yourself. Die Erfüllung weiblicher Sexualität. Berlin: Ullstein 2002.
Bragagna E. Weiblich, sinnlich, lustvoll: Sexualität erfüllt erleben. Wien: Ueberreuter 2013.
Schnarch D. Die Psychologie sexueller Leidenschaft. Stuttgart: Klett-Cotta 2016.
Zettl S, Hartlapp J. Krebs und Sexualität: Ein Ratgeber für Krebspatienten und ihre Partner. Berlin: Weingärtner 2008.
Kontaktadressen
- Deutsche Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft www.dgsmtw.de
- Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung www.dgfs.info
- Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität www.dgti.org
Weiterführende Informationen
- 3sat-Doku: Vulva und Vagina – von „da unten“ hin zu mehr Aufklärung und female Empowerment! (bis 5/2025 in der 3sat Mediathek)
So erreichen Sie uns
gynpsy-ambulanz@ukbonn.de
In dringenden Fällen sprechen Sie uns bitte auf den Anrufbeantworter und hinterlassen Sie uns Ihre Telefonnummer und einen kurzen Kommentar, worum es geht. Wir rufen dann baldmöglichst zurück.